Im OMR Media-Podcast spricht unsere Gründerin Pia mit Maria Exner und Hanna Israel vom Dialogprojekt „Deutschland spricht“ darüber, warum es das “Tinder für politische Gegensätze” überhaupt gibt, warum Medienpartner dabei unerlässlich sind und wer von dem Dialogprojekt profitieren kann.
Nachzuhören gibt es diese Folge auf Spotify und Apple Podcasts.
Maria Exner ist Chefredakteurin des Zeit Magazins und Mitinitiatorin des Dialogprojekts “Deutschland spricht”, das politisch Andersdenkende miteinander ins Gespräch bringt.
Maria Exner
Hanna Israel ist Projektleiterin von “My Country Talks”, der globalen Weiterentwicklung und eigenständigen Tochter-Organisation von “Deutschland spricht”.
Hanna Israel
Filter-Bubbles, Polarisierung, gesellschaftliche Zerklüftung: an diesen Themen führt im Jahr 2020 kein Weg mehr vorbei. Selten kommt es heutzutage zu einem konstruktiven Meinungsaustausch zwischen zwei völlig andersdenkenden Parteien: Anstatt miteinander wird häufig übereinander geredet. Besonders deutlich wurde das im politisch brisanten Jahr 2016 – Stichwörter Brexit und Donald Trump. Auch die Redaktion von Zeit Online beobachtete damals ein Auseinanderdriften der Gesellschaft, fühlte sich gar in der Pflicht, auf diese Entwicklung zu reagieren – und entschloss sich schließlich, etwas dagegen zu unternehmen. Deswegen startete man das Dialog-Projekt “Deutschland spricht”, mit dem Ziel, Menschen aus verschiedenen politischen Lagern zu “verkuppeln”.
Altruismus als Grundmotivation
Konkret bedeutet das: LeserInnen wird beim Lesen eines Online-Artikels eine polarisierende Frage ausgespielt, die sie beantworten können. Geben sie dann Postleitzahl und Handynummer ein, werden sie per E-Mail mit einer Person bekannt gemacht, die gegensätzlicher Meinung ist. Am Ende führt das Ganze idealerweise zu einem persönlichen Treffen.
Exner stellt klar, dass die Motivation hinter “Deutschland spricht” in erster Linie eine altruistische sei. Einen Business Case sehe man darin nicht. Auch gebe es keine Metrik, mit der sich der Erfolg des Projektes konkret messen lasse. Dennoch gibt es Indizien dafür, dass “Deutschland spricht” einen Nerv trifft: Aus den für die erste Ausgabe erwarteten 500 Anmeldungen wurden 12.000. Und nachdem man eine Ausgabe wissenschaftlich begleiten ließ, kam man zu dem Ergebnis, dass bereits ein zweistündiges “My Country Talks”-Gespräch dazu führt, Vorurteile gegenüber politisch Andersdenkenden abzubauen. Exner sagt, circa 80 Prozent der TeilnehmerInnen kommentierten nach einem solchen Gespräch: “Wir waren uns viel ähnlicher, als ich gedacht habe”. Mittlerweile ist das Projekt so erfolgreich, dass eine eigenständige Tochter-Organisation – “My Country Talks” – sowie internationale Formate, darunter “Europe Talks”, ins Leben gerufen wurden.
Warum Medienpartner unverzichtbar sind – und wie sie selbst vom Projekt profitieren können
Damit das Dialogprojekt wirklich Sinn macht, braucht es einen möglichst diversen Pool an TeilnehmerInnen. Dafür sei es unumgänglich, so Exner, Menschen jenseits des eigenen Leserkreises zu finden, und das funktioniere am besten, wenn eine Vielzahl an Medienpartnern beim Projekt mitmache. Des weiteren hätten Zeitungen den entscheidenden Vorteil, dass sie Vertrauen ausstrahlen – laut Israel eine Grundvoraussetzung dafür, dass sich Menschen überhaupt für das Projekt anmelden. Dieses Vertrauen sei ein Herausstellungsmerkmal, das beispielsweise sozialen Medien fehle.
„Wir wollen ‚My Country Talks‘ als unabhängige Plattform für politischen Dialog etablieren“
Hanna Exner
Auch die Medienpartner selbst können von dem Projekt profitieren. So ist Journalismus oft noch eine Einbahnstraße: Zeitungen präsentieren den LeserInnen Inhalte, die diese dann konsumieren. “Deutschland spricht” durchbricht dieses Muster, indem es nicht nur den zwischenmenschlichen Dialog, sondern auch den zwischen JournalistInnen und LeserInnen anregt. “Das Projekt setzt da an, wo Medien sonst aufhören”, fasst es Israel zusammen.
Das, so Exner, hilft auch bei der Bekämpfung eines weiteres Problems, mit dem sich der Journalismus heutzutage immer häufiger konfrontiert sieht: Medienskepsis. “Deutschland spricht” stärke die Glaubwürdigkeit der Medienpartner unter anderem dadurch, dass jene LeserInnen, die sich in der Berichterstattung oft nicht repräsentiert sehen, nun mit ihnen interagieren können. Letztlich bindet das Format LeserInnen an ein Medium, denn diese konsumieren nicht mehr nur passiv einen Artikel, sondern werden selbst aktiv: ein wichtiger Schritt, um der journalistischen Einbahnstraße entgegen zu wirken.
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